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20 Jahre Berufsbildungsgesetz

27.03.2024

Im Jahr 2004 trat das BBG in Kraft. 20 Jahre später: Wie steht die Berufsbildung heute da? Peter Marbet über die Herausforderungen und die Bilanz.

2004 wurde das neue Berufsbildungsgesetz (BBG) eingeführt. 20 Jahre später stellt sich die Frage, wo die Berufsbildung heute steht und welche Herausforderungen sich aktuell stellen. Der Versuch einer Bilanz.

Porträt von Peter Marbet
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Autor: Peter Marbet, Leiter Koordinationsbereich Berufsbildung & Sekundarstufe II Allgemeinbildung

Die Schweiz ist stolz auf ihre Berufsbildung. Trotz aller Unkenrufen und Weissbücher ist es gelungen, die Berufsbildung gesellschaftlich und politisch hochzuhalten und nötige Innovationen rechtzeitig und verbundpartnerschaftlich einzuleiten. 20 Jahre nach Inkraftsetzung des BBG werden folgende Herausforderungen diskutiert:

Spezialisierung versus Generalisierung
Die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) sind als Wirtschafts- und Branchenverbände in der Verbundpartnerschaft für die Inhalte der beruflichen Grundbildung zuständig. Dabei zeigt sich ein Spannungsfeld zwischen dem Arbeitsmarkt, dessen Bedarf zu einer immer stärkeren Spezialisierung innerhalb eines Berufsfeldes tendiert oder gar zu neuen Berufen führt, und dem Bildungsauftrag zugunsten einer fachlich breiten, generalistischen Grundbildung. Je mobiler der Arbeitsmarkt wird und je häufiger Berufe oder gar Branchen gewechselt werden, desto notwendiger wird eine breite Ausbildung auch in der Berufsbildung.

Berufskenntnisse versus Allgemeinbildung
Was ist wichtiger: das Erlernen der französischen Sprache – in der mehrsprachigen Schweiz eine nicht zu unterschätzende Kompetenz – oder die Vertiefung der Berufskenntnisse in einem Berufsfeld? Die Diskussion über das richtige Verhältnis von allgemeinbildendem Unterricht (ABU) und berufskundlichem Unterricht ist nicht neu, hat aber in den letzten Jahren, auch wegen des Akademisierungstrends, an Bedeutung gewonnen. Im Vergleich zu allgemeinbildenden Schulen wie Gymnasien ist der Anteil des allgemeinbildenden Unterrichts an Berufsfachschulen deutlich reduziert. Durch die Zuständigkeit der Arbeitgeber für die inhaltliche Dimension der Ausbildung wird der Fokus stark auf die Berufskenntnisse gelegt. Dies ist grundsätzlich nicht falsch, erschwert aber die Anschlussfähigkeit an die tertiäre Bildungsstufe. Hier sind also gute Lösungen gefragt. Derzeit wird der Rahmenlehrplan für den ABU überarbeitet. Dabei soll insbesondere die Förderung der sprachlichen Kompetenzen verstärkt werden.

Erfolgsquote
Die Zahl der Lehrvertragsauflösungen ist in den letzten Jahren auf über 20 Prozent der Lehrverträge gestiegen. Zwar finden rund 80 Prozent der Betroffenen rasch eine neue Lehrstelle, doch der Trend zeigt, dass die Herausforderungen zunehmen. Gesellschaftliche Veränderungen, psychische Belastungen und schwierige Familienkonstellationen können einen erfolgreichen Bildungsabschluss erschweren. Das 95 Prozent-Ziel ist bei den Schweizerinnen und Schweizern zwar erreicht, bei den Zugewanderten liegt die Abschlussquote jedoch deutlich tiefer, und zwar auch dann, wenn sie die obligatorische Schule in der Schweiz besucht haben. Mit Blick auf die Zuwanderung ist dieser Sachverhalt unbefriedigend. Es braucht neue Lösungsansätze.

Ein Koch erklärt einer Köchin etwas in einer Küche
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Detailansicht auf einen Jugendlichen, der mit seinem Lehrmeister eine Mauer mauert
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Eine Pflegerin erklärt einem Pfleger etwas
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Ein Schreiner erklärt einem Lehrling etwas
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Vollzeitausbildung
Die Berufsbildung geht grundsätzlich von einem 100-Prozent-Pensum mit einer Fünftagewoche von mindestens 40 Stunden aus. Dieses Grundmodell stösst jedoch an Grenzen. Zum einen wollen nicht mehr alle Jugendlichen eine Vollzeitlehre absolvieren, zum anderen gibt es Zielgruppen, die keine Vollzeitlehre absolvieren können. Diese reicht von jungen Eltern bis hin zu Personen, die Geld verdienen müssen und sich nicht allein auf das Lernendengehalt abstützen können. Wenn Berufsausbildung auch für diese Zielgruppen eine Option sein soll, dann müssen die traditionellen Vorgaben für Berufsfachschulen und Arbeitgeber gelockert und neue Zeitmodelle zugelassen werden.

Gleichwertigkeit
Deutschland hat 2020 in der Höheren Berufsbildung den «Professional Bachelor» und «Professional Master» eingeführt. Diese Abschlussbezeichnungen unterstreichen die Gleichwertigkeit von beruflicher Bildung und akademischem Studium und fördern gleichzeitig die internationale Mobilität beruflich Qualifizierter. In der Schweiz gibt es derzeit noch keine vergleichbaren Bezeichnungen, obwohl in der Höheren Berufsbildung ähnliche Abschlüsse existieren.

Finanzierung
Bund, Kantone und Wirtschaft teilen sich die Finanzierung der Berufsbildung. Die Wirtschaft investiert jährlich rund 5 Milliarden Franken. Die öffentliche Hand steuert gut 3,5 Milliarden Franken bei. Die Kantone, die für den Vollzug der Berufsbildung zuständig sind, tragen drei Viertel dieser Kosten. Der Anteil des Bundes beträgt lediglich ein Viertel. Angesichts der Tatsache, dass der Bund die wesentlichen Eckpfeiler der Berufsbildung festlegt, ist dieser Anteil zu tief.

Insgesamt ist es mit dem BBG in den letzten zwei Jahrzehnten gelungen, die schweizerische Berufsbildung für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts fit zu machen. Die Schweizer Berufsbildung ist national und international anerkannt und für Jugendliche attraktiv geblieben. Die demografische Entwicklung und der technologische Wandel erfordern jedoch eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

Möchten Sie etwas zu dem Thema sagen? Oder haben Sie generell Inputs zum Blog? Schreiben Sie uns per, wir freuen uns über Ihre Rückmeldung.

Weitere Informationen.

Kontakt

Generalsekretariat der EDK
+41 31 309 51 11

 

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